ATMOISM – Gestaltete Atmosphären
Der Designer HAW entwickelte zusammen mit dem Türenhersteller ComTür die Designtür CURTAIN für seine große Einzelausstellung „ATMOISM. Gestaltete Atmosphären. Hermann August Weizenegger“ im Kunstgewerbemuseum Berlin.
Vorhang auf für die Tür
Oft werden Türen in der Raumgestaltung zweitrangig behandelt, findet HAW. »Die Tür wird nicht gesehen.« Dabei definiert sie maßgeblich den ersten und letzten Eindruck eines Raumes und beeinflusst dessen Atmosphäre. Türen sieht HAW als »Hybride aus Möbel und Architektur«: Als zunächst statischer Teil der Wand gliedern sie die Raumwahrnehmung und werden erst in ihrer Beweglichkeit nutzbar. Mit Curtain demonstriert HAW die Leistungsfähigkeit der Designtür als zeitgenössisches Möbel in der ganzheitlichen Raumgestaltung.
Der Designer sagt von sich selbst, er habe einen Hang zum Gesamtkunstwerk. Bereits 2010 setzte er dieses Ideal in der Ausstellung Hotel Dresden um: Dafür plante er ein fiktives Jugendstil-Hotel – von der Fassade über Möbel bis hin zu Schuhen, Gläsern und Schmuck – als Gesamtkunstwerk. Dieser Idee folgend, nimmt Architektur in HAWs Designwerken den gleichen Stellenwert ein wie die darin verbauten Türen. Dieser universale Gestaltungsansatz lässt an Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte denken: Dort verfolgten Gestalter*innen verschiedenster Disziplinen das Ziel, jeden Bereich des täglichen Lebens künstlerisch und handwerklich zu durchdringen.
Wie der Name des Entwurfs bereits verrät, nahm HAW sich den Vorhang zum Vorbild, der mit seinem wallenden, dynamischen Faltenwurf hier abstrahiert als Designtür eine feste Form findet. Dem von der Wellenform hervorgerufenen Schattenwurf entsprechend, wurden die Höhen und Tiefen des Oberflächenreliefs modelliert. Die Eleganz der Bewegung steht im Kontrast zur flachen Wand. Die scheinbar unendlich fortlaufende Wellenform versetzt ihre Umgebung in Schwingungen und wird erst durch den nüchtern gehaltenen Türrahmen begrenzt. Die samtig modellierte Holzoberfläche in unerwarteter Farbgebung – Blutrot – sorgt für eine Transformation der Raumatmosphäre.
Bei der Herstellung von Curtain war hohe handwerkliche Präzision gefragt. Aus diesem Grund entschied HAW sich für ComTür, eine Türenmanufaktur mit über 100-jährigen Geschichte mit Standort in Heilbronn. Seit der Gründung 1919 wendet sich das Familienunternehmen bewusst gegen Massenproduktion zugunsten des hochwertigen und langlebigen Unikats – ein Aspekt, der auch HAW bei seinen Entwürfen besonders am Herzen liegt. Die im Türentwurf angelegte Symbiose aus altbewährtem Handwerk und moderner Herstellungstechnologie konnte erst mit dem Know-how der Handwerker*innen bei ComTür realisiert werden.
Ausstellungsinhalt
Mit „ATMOISM. Gestaltete Atmosphären. Hermann August Weizenegger“ widmet das Berliner Kunstgewerbemuseum dem bedeutenden Designer Hermann August Weizenegger eine große Einzelausstellung. In deren Rahmen, der neue HERMANN X-CHAIR by OUT lanciert wird.
Gezeigt werden ca. 20 bühnenbildartige Interventionen, die eigens für diese Ausstellung entworfen wurden. Im Dialog mit der gesamten Dauerausstellung eröffnen sie zugleich Möglichkeitsräume, wie zukünftig Exponate präsentiert und kontextualisiert und wie atmosphärische Rundgänge und Erlebniswelten für die Besucher*innen im Museum geschaffen werden könnten.
Die Ausstellung ATMOISM! soll raumgreifende, abstrakte Installation werden, bestehend aus Bekleidung, Raumteilern, Stühlen, Fassadenteilen, Wandfliesen, Vasen und Leuchten, die die Frage nach Geschmäckern und Moden stellt. Welche Sehnsüchte und Bedürfnisse werden in der Auswahl bestimmter Materialien für Architektur und Inneneinrichtung erzeugt? Was sagt die massenhafte Verbreitung eines Materials über die ästhetischen Ausdrucksformen; über die ökonomischen, sozialen und kulturellen Konstellation der Zeit aus, in der es verwendet wird?
In der Arbeit möchte HAW eine Bandbreite von ästhetischen Artefakten mit präziser, zeitgenössischer Verdichtung zum Ausdruck bringen und eine Bandbreite an Formen und Materialien in delikater Balance präsentieren. Dabei mäandert HAW von der Oberfläche des Körpers, zur Oberfläche des Raumes, zu den Oberflächen der Objekte bis hin zu Fassaden der Architektur. HAW sieht die Arbeit der Installationen als eine vorrangig “bildhauerische” Tätigkeit, die Skulptur geht mit dem Material und der Konstruktion einen Dialog zu der späten “Brutalismus Architektur” vom Kunstgewerbemuseum ein. HAW beruft sich bei den Skulpturen auf die Arbeit von Friedrich Kiesler*, das Ausstellungsdesign von 1942 für Art of This Century Gallery für Peggy Guggenheim.
Von der Ferne betrachtet sind es fragmentarische Skulpturen, die das Ausstellungsthema “Atmosphäre” in unterschiedlichsten Kontexten thematisieren. Bei näherer Betrachtung offenbaren sich in der Skulptur einzelne Objekte, die in der inhaltlichen Zusammenstellung narrative Qualitäten erzeugen. Mit der spezifischen Materialität und Oberfläche werden bewusste Atmosphären erzeugt, die einen neuen Zugang zum Design beschreiben sollen, bzw. das Design als Disziplin. Eines der wesentlichen Methoden von HAW ist das “Layering”, eine von HAW entwickelte Design- Methode, in der es darum geht, aus den unterschiedlichen Disziplinen der Forschung, Technik, Materialentwicklung und Handwerk einfach “Layers” übereinander zu legen, um so einen Handlungsraum zu beschreiben, als Wegbereiter für Innovationen, Interdisziplinarität und Innovationen.
Die Ausstellung lief im Sommer 2021.
Wandkeramik: „Silk Stone-Black Chiffon" von porcelaingres
Fotos: Felix Löchner I Bernd Hiepe
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